Atomgesetz

Atomgesetz
Atom|ge|setz 〈n. 11; unz.〉 Gesetz zur friedl. Nutzung von Kernenergie u. zum Schutz vor deren Gefahren

* * *

Atomgesetz,
 
Bezeichnung für das »Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren« vom 23. 12. 1959, grundlegend geändert durch Gesetz vom 22. 4. 2002. Sein Zweck besteht seit der Änderung in der geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur Erzeugung von Elektrizität (Atomausstieg) und der Sicherstellung eines geordneten Betriebes bis zur Beendigung; des Weiteren im Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern vor den Gefahren der Kernenergie auch im Hinblick auf die innere und äußere Sicherheit sowie in der Erfüllung der internationalen Verpflichtungen Deutschlands auf dem Gebiet von Kernenergie und Strahlenschutz. Das Atomgesetz macht die Ein- und Ausfuhr von Kernbrennstoffen (§ 3), ihre Beförderung und nichtstaatliche Verwahrung (§§ 4, 5, 6), die Errichtung und den Betrieb von ortsfesten Anlagen zur Erzeugung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Spaltung von Kernbrennstoffen oder Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe genehmigungspflichtig. Im geänderten § 7 Atomgesetz wurde festgeschrieben, dass Errichtung und Betrieb von neuen Kernkraftwerken für die gewerbliche Stromerzeugung und von Aufarbeitungsanlagen für bestrahlte Kernbrennstoffe nicht mehr genehmigt werden. Für jedes bestehende Kernkraftwerk wurde in der Anlage 3 zum Atomgesetz eine Reststrommenge festgeschrieben, die noch produziert werden darf (gerechnet ab 1. 1. 2000). Reststrommengen können auch von einem (älteren) Kernkraftwerk auf ein anderes übertragen werden. Die Berechtigung zum Leistungsbetrieb erlischt, wenn die Reststrommenge erzeugt worden ist.
 
Für sonstige Genehmigungen sind das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (§§ 3, 22), das Bundesamt für Strahlenschutz (§§ 4, 5, 23) sowie im Übrigen die obersten Landesbehörden (§ 24) zuständig. Das Genehmigungsverfahren ist durch die Atomrechtliche Verfahrensverordnung in der Fassung vom 3. 2. 1995 ausgeformt; wesentliche Elemente sind die Beteiligung der Betroffenen u. a. durch Akteneinsicht und öffentliche Verhandlung bei Einwendungen.
 
Die Betreiber sind verpflichtet, an den Standorten von Kernkraftwerken Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente zu errichten und zu nutzen; den Ländern obliegt die Einrichtung von Landessammelstellen für die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle, der Bund hat für die Endlagerung zu sorgen. Die Entsorgung wird auf die direkte Endlagerung beschränkt, die Abgabe von bestrahlten Kernbrennstoffen zur Wiederaufarbeitung ist ab 1. 7. 2005 verboten (§ 9 a). Erstmals wurde im Atomgesetz die Pflicht zu regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen der Kernkraftwerke festgeschrieben. Umgang und Verkehr mit radioaktiven Stoffen stehen unter staatlicher Aufsicht (§ 19). Für Schäden, die von Kernanlagen ausgehen, besteht eine verschuldensunabhängige Haftpflicht des Betreibers (Gefährdungshaftung), deren Höhe bei unverschuldetem Schaden allerdings begrenzt ist (§ 31). Hierfür haben die Betreiber Deckungsvorsorge zu leisten, deren Höchstgrenze 2002 heraufgesetzt wurde (§ 13).
 
In Österreich bedürfen Anlagen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen oder für Strahleneinrichtungen einer Bewilligung nach dem Strahlenschutzgesetz vom 11. 6. 1969. Anlagen, mit denen zum Zweck der Energieversorgung elektrische Energie durch Kernspaltung erzeugt werden soll, dürfen nach dem im Gefolge einer Volksabstimmung erlassenen Atomsperrgesetz vom 15. 12. 1978 nicht betrieben werden. Bei nuklearen Schäden besteht eine Gefährdungshaftung nach dem Atomhaftpflichtgesetz.
 
In der Schweiz besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz für Atomfragen. Es gilt das Gesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz vom 23. 12. 1959 (Atomgesetz), das für den Bau von Atomanlagen eine polizeiliche Bewilligung verlangt, für die der Bundesrat zuständig ist. Voraussetzung dieser Bewilligung ist eine so genannte Rahmenbewilligung, die der Genehmigung durch das Parlament unterliegt. Daneben gelten eine Reihe von Bundesbeschlüssen und Verordnungen, die Einzelheiten regeln. Die Haftung ist durch das Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. 3. 1983 normiert (bis zu 300 Mio. Franken je Nuklearanlage, 50 Mio. Franken je Nukleartransport, weitere Versicherung durch den Bund).
 
 
H. Fischerhof: Dt. A. u. Strahlenschutzrecht. Komm. mit Berücksichtigung des internat. Rechts, Bd. 1 (21978);
 H. Rausch: Schweizer. Atomenergierecht (Zürich 1980);
 
Das Strahlenschutz-Ges. u. das Sicherheitskontroll-Ges., hg. v. B. Moser (Wien 31981);
 
Rechtsfragen zum Atomausstieg, hg. v. W. Bayer und P. M. Huber (2000);
 
Atomgesetz, mit Einf. von E. Ziegler (2001).

Universal-Lexikon. 2012.

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